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Rezension: Teppiche - Muster, Manufakturen, Techniken (Gebundene Ausgabe)

Dieses reich bebilderte Lexikon von Monique di Prima Bristot versteht sich als eine Einladung, Teppiche auf neue Art zu betrachten, sich mit schönen und mitunter auch weniger attraktiven Objekten gezielt auseinanderzusetzen, sie zu vergleichen und zu diskutieren.

Untergliedert ist das Lexikon wie folgt:

Einleitung

Höfische Teppiche

Städtische Manufakturen/Werkstattproduktionen

Heimindustrie

Haus- und Stammesteppiche

Der Museumsteppich

Der westliche Teppich

Im Anhang befinden sich Karten, ein Wörterverzeichnis, ein Stichwortverzeichnis, eine Bibliographie und der Bildnachweis.

Schon immer wurden die Europäer von den Schätzen des Orients in den Bann gezogen. Deshalb auch importierten englische, französische und holländische Handelsgesellschaften erlesene Waren aus dem Morgenland. So waren neben Gewürzen und Edelsteinen kostbare Textilien von besonderem Interesse. Am indischen Hof des Kaisers Akbar nahm die Teppichproduktion den ersten Rang unter den zahlreichen Werkstätten für Kunst und Handwerk ein. Aus jenen Tagen gibt es nur noch wenige Teppiche, doch diese zeigen sehr eindrucksvoll die Meisterschaft der höfischen Werkstätten. Daneben soll in erster Linie Miniaturmalerei helfen die Teppiche zu rekonstruieren. Die Werkstätten wurden von den persischen Künstlern Mir Sayyid Ali und Abd as-Samad geleitet. Diese schufen eine neuartige Synthese zwischen persischer und indischer Formsprache. Bei den Chinesen hingegen erfüllte der Teppich von Beginn an zwei völlig verschiedene Aufgaben. Einerseits diente er als Palastschmuck der Aristokraten, andererseits war er ein wichtiger Bestandteil im Alltagsleben der Nomaden.

In der Folge lernt man prachtvolle höfische Teppiche, deren Knotenanzahl, Material, Größe und Struktur kennen. Des Weiteren werden die Motive bestens erläutert.

Man erfährt, was man unter einem "Savonerie-Teppich" zu verstehen hat. Die Teppiche aus dieser französischen Manufaktur wusste bereits Ludwig XVII. zu schätzen. Vorgestellt werden Teppiche aus Kairo und auch "Moghul-Teppiche", für die schöne Rottöne bezeichnend sind. Die Teppiche der "Safawiden" (1502-1736) gelten zu recht als Meisterwerke. Dabei haben sich die Handwerker der höfischen Knüpfwerkstätten der zeitgenössischen Buchdruckkunst bedient. Man lernt auch Teppiche der "Ming- und Quing-Dynastie" kennen, bevor man mit städtischen Manufakturen und Werkstattproduktionen vertraut gemacht wird. Zur Sprache kommen: Spanien und Portugal, Großbritannien und Irland, Tuduc-Werkstätten, Bukarest, Bauhaus, Künstlerteppiche, Anatolien, Damaskus-Teppiche, nordwestliches Persien, Zentralpersien, Ostpersien, Indien China und Ostturkestan.
Man begegnet Teppichen aus den verschiedensten Epochen und Herkunftsländern, Europa eingeschlossen. Inspiriert von den höfischen Produktionsstätten entstehen städtische Manufakturen, die Teppiche zur reinen Dekoration herstellen. Man erfährt, dass im Laufe der Zeit der Teppich zum Bestandteil eines ästhethischen Raumkonzeptes wurde. Wurden zunächst noch die Technik und die Motive aus dem Orient übernommen, wurden sie später dem europäischen Geschmack angepasst. Fast alle Teppiche werden nach einem zeichnerischen Entwurf angefertigt. Bei der Herstellung hält man sich äußerst präzise an die Vorlage. Sehr edel und dezent in der Farbgebung sind portugiesische Teppiche aus dem 17. Jahrhundert und geschmackvoll muten die Bauhaus-Teppiche aus den 1920er Jahren an. Zu diesen "Künstlerteppichen" wird man sehr gut auf den Seiten 50 ff informiert.


Die "Damaskus-Teppiche" erhielten ihren Namen übrigens aufgrund venezianischer Inventare, wie sie als "tapedi damaschini" aufgelistet sind. Die Muster sind mamelukischen Teppichen ähnlich, allerdings weisen sie im Hinblick auf die Dekoration der Bordüre und struktureller Elemente Gemeinsamkeiten mit Arbeiten des südöstlichen Mittelmeerraumes auf. Einer meiner Lieblingsteppiche im Buch ist übrigens ein "Täbris", der im 1890 entstand und der durch ein sehr dezentes Muster besticht.

Es ist unmöglich auf all die Teppiche im Buch näher einzugehen. Interessant finde ich die Information, dass man in Zentralpersien einige Teppichmotive von Schals und Tüchern übernommen hat. Im Vergleich persischer Teppiche mit indischen und chinesischen, fällt meine Wahl auf die "Perser", deren Muster einfach edler sind.

Thematisiert wird die Heimindustrie in Osteuropa und Skandinavien, Marokko, Westanatolien, Zentralanatolien, Kaukasus, nordwestliches Persien, Westpersien und Ostturkestan. In vielen vorangegangenen Jahrhunderten wurden Teppiche für den Eigenbedarf hergestellt. Da sehr viel Wert auf die künstlerische Arbeit gelegt wurde, konnte eine Volkskunst entstehen. Die Fertigungstechniken wurden, wie auch die Muster von Generation zu Generation weitergegeben. Es ist durchaus interessant, was man im Buch hinsichtlich der Heimindustrie erfährt. Unter einem "Dorfteppich" konnte ich mir vor dem Lesen des Buches beispielsweise nichts vorstellen.


Haus- und Stammesteppiche aus Anatolien, dem Kaukasus, Persien, Zentralasien und aus Tibet werden beleuchet. In diesen Teppichen liegen übrigens die Ursprünge der Geschichte der Teppiche. Wann und wo die ersten Teppiche geknüpft worden sind, ist nach wie vor nicht bekannt. Allerdings nimmt man an, dass die Teppichknüpfkunst zwischen den vierten und zweiten Jahrtausend vor Christus ihren Anfang nahm, vermutlich in Asien, der Mongolei, Persien und Turkestan. Die Gegebenheiten der häuslichen und stammestypischen Teppich- und Stoffproduktion Persiens ist weitaus komplexer als in allen anderen Gebieten. Man lernt eine Reihe sehr schöner Teppiche kennen und erfährt, dass die Teppiche aus dem Gebiet südlich des Kaukasus- hier wohnen die Schahsavanen- Sammler besonders beeindrucken sollen.

Bei den Museumsteppichen werden Exponate aus einer großen Anzahl von Museen zur Sprache gebracht. Dabei handelt es sich um Museen für angewandte Kunst, ethnografische Museen und islamische Museen oder Abteilungen. Im Buch werden die weltweit bedeutendsten Teppiche präsentiert. Diese Kostbarkeiten zu betrachten, ist ein wirkliches Fest für die Augen. Die Erklärungen der einzelnen Exponate ist hervorragend und lässt keine Fragen mehr offen.

Ganz zum Schluss werden westliche Teppiche aus dem 15.- 20. Jahrhundert vorgestellt. So erhielten einige der Muster aus dem 15. Jahrhundert ihre Namen aufgrund der Darstellung von Gemälden herausragender Künstler. Der "Memling"-Teppich ist übrigens abgebildet und wird näher erläutert.

Es ist lohneswert, sich in das Wortverzeichnis im Anhang zu vertiefen und zwar bevor man das Buch zu lesen beginnt, weil man dann die Spezialbegriffe sofort versteht. Das Buch ist für Einsteiger und Fachleute eine Bereicherung und verdeutlicht, dass der Teppichherstellung ein subtiles Kunstverständnis zugrunde liegen muss, wenn edle Produkte das Ergebnis sein sollen.

Sehr empfehlenswert.


Bilder: © TunavB




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