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Rezension: Gefährlich schön- Lucinda Hawksley- Gefährlich schön- Giftige Tapeten im 19. Jahrhundert- Gerstenberg

Lucinda Hawksley befasst sich in diesem reich bebilderten Buch mit der Geschichte des Arsens als Mordinstrument, Haushaltsgift sowie als Heilmittel und Leuchtkraftverstärker von Farben. Darüber hinaus werden 275 lebhaft gemusterte Originaltapeten vorgestellt, die im 19. Jahrhundert produziert und vor kurzem in Laboratorien positiv auf Arsen getestet wurden. 

Schon Nero soll 55 n.C. seinen Stiefbruder mit Arsen ermordet haben und auch den Borgias in der Renaissance sagt man das Giftmischen mit Arsen nach. Erwähnt wird  u.a. auch die Italienerin Teofania di Adamo, die im 17. Jahrhundert, ein Schönheitswässerchen vertrieb,  das sie mit Arsen versetzt hatte und über 600 Menschen auf diese Weise tötete. Auch Napoléon Bonaparte soll ein Arsen-Opfer  gewesen sein. Offenbar enthielt die Tapete seines Schlafzimmers, in dem er die letzten Monate seines Lebens ruhte, Arsenpigmente. 

Mit dem Aufkommen der Lebensversicherungen in den 1830er und 1840er Jahren stieg die Zahl der Giftmorde stark an. Jetzt erschienen in der Sensationspresse immer häufiger Nachrichten von Prozessen gegen Frauen, die ihre Männer mit Arsen vergiftet hatten. Nicht immer war klar, ob die Arsenvergiftung vorsätzlich oder versehentlich vorgenommen worden war, da viele Lebensmittel Arsen enthalten können, wenn sie in der Nähe von Erzminen angebaut werden. 

In den 1870er Jahren kam die Hälfte des weltweit gewonnen Arsens aus einem einzigen Bergwerk. Die damals üblichen Gesichtsmasken und Overalls sollen die Arbeiter nur unzulänglich vor dem Gift geschützt und zu schweren Verletzungen geführt haben. Dennoch wurde immer häufiger Arsen für die Inneneinrichtung verwendet, weil der deutsch-schwedische Chemiker Carl Scheele 1775 eine Palette an Grüntönen mit der Entdeckung eines intensiven grünen aus Kupferarsenit hergestellten Pigments erweitert hatte. 

Arsen wurde, wie eingangs schon erwähnt, auch als Haushalts- und als Arzneiprodukt verwendet und sollte angeblich ein Wundermittel gegen allerlei Beschwerden sein.  Männer  nutzten es im 19. Jahrhundert sogar als Aphrodisiakum. 

Lange bevor giftige Tapeten zum öffentlichen Skandal wurden, wetterte die britische Presse gegen die uneingeschränkte Verfügbarkeit von Arsen. 

Man erfährt in der Folge Wissenswertes über die Tapetenproduktion im 19. Jahrhundert und hat immer wieder Gelegenheit, sich in vormaliges Tapetendesgin zu vertiefen. Dabei wurden die ersten Berichte über Tapetenvergiftungen bereits Ende der 1850er Jahre in medizinischen Fachzeitschriften veröffentlicht. Die Gefahr wurde in der Öffentlichkeit allerdings noch lange ignoriert und speziell englische Kurgäste machten noch nach wie vor Arsenkuren, so etwa im Aostatal. 

Doch irgendwann siegte die Vernunft. In Zürich verbot man  schließlich den Verkauf aller mit Arsen und anderen giftigen Stoffen gefärbten Waren aus dem Ausland und Ende des 19. Jahrhunderts endlich boten Produzenten und Fachgeschäfte arsenfreie  Tapeten an. Tödliche Geheimnisse in den Wänden gehörten nun dem Gestern an. 

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Helga König

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